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Cat 982M für Albvorlandtunnel

2300 Tonnen schwere Tunnelvortriebsmaschinen

Garching bei München, 12.06.2018 - Sie heißen Sybille und Wanda, doch von ihnen fehlt weit und breit jede Spur. Die beiden 120 Meter langen und 2300 Tonnen schweren Tunnelvortriebsmaschinen mit einem Durchmesser von über zehn Metern wühlen sich im Zuge von Stuttgart 21 beziehungsweise der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm täglich immer tiefer durch das Gestein für den Albvorlandtunnel – und das mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von derzeit 20 Metern pro Tag in der Spitze. Die Antriebsleistung liegt bei 4400 Kilowatt je Maschine. Mit seiner Länge von über acht Kilometern wird er der zehntlängste Eisenbahn-Tunnel in Deutschland werden. Der Albvorlandtunnel, realisiert von der Schweizer Baufirma Implenia, besteht aus zwei eingleisigen Tunnelröhren, die alle 500 Meter mit Querschlägen verbunden werden. An ihrer Fertigstellung arbeiten insgesamt rund 600 Bauarbeiter und rund 80 Ingenieure, Geologen und Kaufleute.


Bauforum24 TV Video (08.06.2018): Bagger Spielplatz mit Zeppelin Rental


Bild 1 (1920).jpgDas Material nehmen die Cat 982M mit einer speziell entwickelten Schaufel auf.

Vom Ostportal in Kirchheim unter Teck fahren die Vortriebsmaschinen parallel mit einem Abstand von 30 Metern die Tunnelröhren auf. Wanda wird an die 1,76 Millionen Tonnen Gestein und Sybille an die 1, 68 Millionen Tonnen Gestein lösen. Es handelt sich um Tonstein aus dem Schwarzen Jura. Das Material türmt sich über Förderbänder und -brücken zu riesigen Haufwerken auf und muss innerhalb von drei bis vier Tagen nach dem Abwurf vom Förderband abtransportiert werden – unaufhaltsam kommt Nachschub aus dem Tunnelinneren. Doch die Lagerkapazitäten vor Ort sind auf 100 000 Tonnen begrenzt.

Für den Umschlag samt Abfuhr der Ausbruchsmassen des Albvorlandtunnels wurde ein namhaftes auf Transport und Erdbau spezialisiertes Unternehmen, die Firma Fischer aus Weilheim an der Teck, beauftragt. Die Schlüsselrolle spielen dabei drei Cat Radlader 982M – auch sie tragen Namen wie die Tunnelvortriebsmaschinen. Benannt wurden die Ladegeräte als Referenz an die 90-jährige Firmenhistorie des Bauunternehmens nach der Gattin des Firmengründers Elisabeth und ihrer Schwiegertochter Margarete, der verstorbenen Frau von Karl Fischer. Die dritte Maschine erhielt den Namen Christa, der Frau von Georg Fischer. Was jede Baumaschine an Tagesleistung erbringen muss: bis zu 5000 Tonnen in der Spitze. „15 000 Tonnen wollen wir jeden Tag stemmen und 600 Lkw-Fuhren erbringen. Im Minutentakt müssen die Lkw die Baustelle verlassen. Das Tempo wird mit dem Baufortschritt weiter Fahrt aufnehmen. Dafür werden wir auch alle Reserven, die wir haben, ziehen“, meint der verantwortliche Fischer-Projektleiter Christoph Schmidberger, der für das Projekt eingestellt wurde und seit zwei Jahren dort arbeitet. Die eingesetzte Flotte beträgt 200 Lkw, mit denen das Unternehmen die Materialtransporte des Tunnelausbruchs in Richtung Verwertungsstellen übernimmt. Diese befinden sich im Umkreis von 15 bis 120 Kilometern Entfernung. 20 Kippstellen stehen dafür zur Verfügung. Falls das Material geeignet ist, ist auch eine keramische Verwertung vorgesehen. „Es ist ein immenser Vorteil, aus der Region zu kommen und umfangreiche Kontakte und Kenntnisse darüber zu haben, wo das Material verfüllt wird“, macht Schmidberger deutlich.

Um das Pensum zu schaffen, setzt Fischer auf einen versetzten Einschichtbetrieb – als Reservegerät dient ein Cat Radlader 972M XE. „Die erste Schicht mit zwei Fahrern startet gegen fünf Uhr früh, die anderen Maschinisten rücken später an, um Puffer zu haben“, so Schmidberger. Sein Arbeitgeber hat explizit in Radlader in der 36-Tonnen-Klasse für diese Maßnahme investiert. Sie sollen innerhalb von zwei Ladespielen volle Mulden der Sattelzüge sicherstellen – so der Plan. Noch sind es drei, erklärt der Projektleiter, denn „das ganze System müsse sich noch einspielen und es hängt stark vom Material ab, in das es aufgrund der derzeit harten Konsistenz schwierig ist, einzudringen.“

Unterstützen soll den Ladevorgang dabei das digitale Wiegesystem der Radlader, um die zwei festinstallierten Straßenwaagen von Fischer zu entlasten. So lassen sich die Transportkapazitäten bestmöglich ausschöpfen. Die Radlader-Waagen sind alle geeicht und über ein Funkmodul mit dem Waagen-Terminal verbunden. „Die Lkw-Fahrer sind alle angemeldet und haben eine ID-Karte erhalten. Bevor sie auf das Gelände fahren, werden die Lkw leer verwogen und das Leergewicht an unsere Radlader-Fahrer übermittelt. Maximal zehn Lkw dürfen sich auf dem Gelände aufhalten. Den Zutritt haben wir über eine Schranke wie die Zufahrt zu einem Parkhaus geregelt“, so Schmidberger. Planung und Disposition weisen den Lkw-Fahrern das Haufwerk zu, das ihnen am Display angezeigt wird und das sie ansteuern müssen. Auf dem ganzen Gelände gilt eine Einbahnstraßenregelung. Auch die Kippstelle, die sie anfahren müssen, wird ihnen übermittelt. Bei der Ausfahrt passieren sie das Waagen- Terminal und zücken die ID-Karte, sodass die Tonnagen erfasst werden.

Das Material nehmen die Cat 982M mit einer speziell entwickelten Schaufel mit Trapezblech und mit einer Schnittbreite von 3,65 Metern sowie 6,4 Kubikmeter Fassungsvermögen auf. „Das soll verhindern, dass schnell viel zu viel Material festklebt und dadurch das Ladevolumen einschränkt. Doch ganz lässt es sich nicht vermeiden“, erklärt Zeppelin Niederlassungsleiter Thomas Böger aus Böblingen, der das Unternehmen hinsichtlich Ausrüstung zusammen mit seinen Kollegen Stefan Oppermann von der Zeppelin Projekt- und Einsatzberatung und Ronald Duchow von der Projekt- und Einsatztechnik beraten hatte. Bestückt wurde jede Schaufel mit Sägezähnen und einem weiteren Verschleißblech an der Unterseite, um vor Abrieb geschützt zu sein. Längere Standzeiten sollen durch Aufschweißungen und Verschleißschutz verhindert werden. „Unser Service-Center mit eigener Werkstatt ist nur zehn Minuten entfernt. Das sind ideale Bedingungen“, führt der Projektleiter aus. Falls nötig, können Radlader per Achse schnell dorthin transportiert werden, um sie wieder startklar zu machen. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurden für die Baumaschinen ein zusätzlicher Full-Service-Vertrag bei Zeppelin in Böblingen abgeschlossen.

Bild 2 (1920).JPGDer Nachschub aus dem Tunnelinneren muss schnell abtransportiert werden.

Im Bereich der Unterfahrung der A8 handelt es sich um Ausbruchsmaterial der Vortriebsklasse 4. In der Regel ist es triefend nass – „von der Konsistenz ein richtiger Erdbrei“, fügt Schmidberger hinzu. Entsprechend umfangreich sind Maßnahmen zur Stabilisierung mit Weißfeinkalk über Förderbandanlagen – nur so ist es transport- und einbaufähig. Schließlich sollen beim späteren Verfüllen keine Setzungen auftreten. Daher wird das Material mithilfe von Separatoren am Ende des Förderbandes durchmischt und aufbereitet. Was das Tunnelausbruchmaterial der Vortriebsklasse eins und zwei betrifft, muss dieses anstelle von Kalk mithilfe von Wasser aufbereitet werden.

Abschnitt für Abschnitt, Tunnelmeter für Tunnelmeter wird dem Ausbruchgestein ein Haufwerk zugewiesen, entsprechend der auftretenden Geologie. Sobald das Material ans Tageslicht befördert wird, wird es entsprechend einem von der Deutschen Bahn und den Verwertungsstellen festgelegten Konzept beprobt, um die geologische Zusammensetzung zu analysieren. Dabei musste bereits das Entsorgungskonzept schon einmal umgestellt werden, weil im Aushub ein hoher Pyritanteil – im Volksmund auch Narrengold genannt – festgestellt wurde, was eine intensive Eigen- und Fremdüberwachung beim Einbauprozess zur Folge hat. Doch mit Gold hat das Gestein nichts zu tun, sondern es zeigt geogene Belastungen durch Sulfat auf. Wie damit umzugehen ist, regelt seit April 2017 der sogenannte „Pyrit-Erlass“, den das Umweltministerium von Baden-Württemberg aufstellte. Damit das Material in Entsorgungsstellen eingebracht werden kann und keine Probleme mit dem Grundwasser entstehen, muss es beim Einbau verdichtet werden. Weder Luft noch Wasser sollen zirkulieren können, um auf diese Weise Oxidation zu verhindern.

Doch auch das auftretende Staubaufkommen erfordert verschiedene Schritte auf der Albvorlandtunnel-Baustelle, um diesen soweit wie möglich einzudämmen. Daraus resultiert auch der Einsatz einer Kompaktmaschine, die trotz der Dimension des gigantischen Bauvorhabens ihre Daseinsberechtigung hat. Denn das Material klebt immer wieder in den Schaufeln der Cat Radlader fest und muss dann freigekratzt werden. Das Reinigen übernimmt deren kompakte Version in Form des Cat 908M, die zusätzlich dafür sorgen muss, dass die Verkehrswege sauber bleiben. Das gilt auch für den Fahrweg der stationären Waage von Fischer, der für die Lkw immer frei sein muss.

Eine weitere Aufgabe des Erdbauers: Die Nord-Röhre am Westportal wird im Gegenvortrieb von Wendlingen aus in konventioneller Bauweise, also mit Sprengung und Baggereinsatz, rund 200 Meter vorgetrieben. Dies geschieht, um hier die Verzweigung zweier Tunnelröhren in der hierfür besser geeigneten Spritzbetonweise herzustellen. Auch hier ist das Know-how von Fischer gefordert. Genauso war es beim Einrichten der Baustellenfläche auf der sprichwörtlich grünen Wiese – und zu dieser soll die Tunnelbaustelle auch wieder werden, wenn der Durchbruch von Wanda und Sybille gelungen ist. Zum Lagern von Ober- und Unterboden wurden sieben Hektar Land angemietet. Dann wurden Bodenschichten abgetragen und zwei bis fünf Meter hohe Bodenmieten angelegt, deren Lage genau kartiert wurde. „Unsere Intention ist es, dass jeder Landwirt und Grundstückbesitzer wieder seinen Boden erhält“, so Schmidberger. Zur Erhaltung der Bodenqualität wurden Grassamen ausgesät. Zudem werden die Bodenmieten regelmäßig gemäht und bei Bedarf gewässert.

Bild 3 (1920).JPGBeim Umschlag der Ausbruchsmassen sind sie gefragt: drei Cat Radlader 982M mit Namen Elisabeth, Margrete und Christa.

Bereits eineinhalb Jahre vor dem Einsatz der Tunnelvortriebsmaschinen war Fischer mit dem Wegebau betraut, um die Infrastruktur für die Baustelle zu schaffen. Dabei mussten die Bereitstellungsfläche mit 17 000 Quadratmetern angelegt und die Portale mit dem Aushub von 125 000 Kubikmetern geschaffen werden, damit Wanda und Sybille Ende 2017 vor Ort montiert und eingefahren werden konnten. Das Gelände hatte ein starkes Gefälle. Auch für den Ausgleich musste gesorgt werden. Außerdem musste ein Lagerplatz mit 25 000 Quadratmetern Fläche für die 54 000 Tübbinge aus Betonfertigteilen hergestellt werden, die vor Ort in unmittelbarer Nähe zur Baustelle produziert werden. Den dafür benötigten Splitt liefern die von Fischer eingesetzten Lkw, nachdem sie das Ausbruchmaterial abgeladen haben und sich dann auf die Rückfahrt machen. So sollen unnötige Leerfahrten vermieden werden. „Die Logistik in dieser Dimension zu koordinieren und 200 Lkw zu disponieren, ist hier eine besondere Herausforderung, vor allem, weil wir jederzeit darauf reagieren müssen, wenn der Tunnelvortrieb stockt. Das hat dann direkten Einfluss auf alle unsere Folgeleistungen, insbesondere die Disposition von Mitarbeitern und Maschinen samt der ganzen Baustellenorganisation“, stellt Schmidberger dar.

Doch so eine Baustelle vor der Haustür zu haben, kann auch Motivation sein. „Die Mitarbeiter identifizieren sich stark mit dem Albvorlandtunnel, weil viele der Kollegen aus der Region kommen“, stellt Rolf Herzog, Marketingleiter bei Fischer, dar. Es ist nicht das einzige Projekt rund um Stuttgart 21, für das Projektleiter wie Christoph Schmidberger, Bauleiter, Poliere, Maschinisten, Lkw-Fahrer, Geologen und Abrechner vollen Einsatz bringen müssen: Neben dem Albvorlandtunnel wirkt Fischer etwa mit beim Boßlertunnel oder bei der Erweiterung des Filderportals. Und auch dort geht es um Massenbewegung in gewaltiger Dimension.

Weitere Informationen: Zeppelin Baumaschinen GmbH| © Fotos: Zeppelin


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