Cottbus, Juli 2017 - Rund fünf Kilometer nordöstlich von Cottbus grenzt eine Erdbaustelle an die Stadt in der Lausitz, die derzeit angesichts ihrer Dimension in ganz Europa ihresgleichen sucht. Der ehemalige Tagebau Cottbus-Nord wird zum Cottbuser Ostsee und damit zum vorerst größten Bergbaufolgesee Deutschlands umgestaltet.
Bauforum24 TV Video (01.04.2017): Cat MH3024 Job Report
Beladen werden die Dumper von großen Kettenbaggern, wie den Cat 374FL, Cat 374DL, 352F und 349EL
Der Cottbuser Ostsee wird von der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) mit 280 Millionen Kubikmeter Wasser – umgerechnet 1,5 Milliarden Badewannenfüllungen – in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren, je nach Wasserangebot der Spree, geflutet. Für den künstlich angelegten See auf 1900 Hektar Fläche müssen bis Ende August 2018 rund 17 Millionen Kubikmeter Boden gelöst, geladen, transportiert und wieder eingebaut werden. Die Baustellenlogistik erbringt die Arge Cottbus Nord, bestehend aus Bickhardt Bau AG (federführend), Bickhardt Bau Thüringen und V & C Metzner. Ihre Aufgabe: der Abtrag der Abbausektoren und die Verfüllung der Kohlebahnausfahrt. Dabei greifen sie auf eine Großgeräteflotte an 140 Mietmaschinen zurück, die das Unternehmen Manfred Hoffmann Baumaschinen Industrieservice aus Dorsten/ Schwarzheide stellt, darunter zehn Cat Raupen D8T, 13 Cat Kettenbagger vom 336 bis 374 sowie fünf Cat Dumper 730C.
Um die logistischen Voraussetzungen für den Maschineneinsatz rund um den Cottbuser Ostsee zu schaffen, musste von der Arge erst die Infrastruktur inklusive Stromversorgung plus Betankung mitten im stillgelegten Tagebau geschaffen werden. Dazu wurde eine Stellfläche für die Geräte gebaut und ein Camp aus Baucontainern, Werkstätten, Tankstelle plus Kantine angelegt. Seit Mai letzten Jahres sind 50 Großbagger, Raupen, Grader, Walzen und Fräsen im Einsatz, um zunächst ein Netz aus Haupt- und Nebenbaustraßen herzustellen. Auf ihnen frequentieren immer wieder drei Wasserwagen, um der starken Staubbildung vorzubeugen. Aber auch bei Regen muss das Streckennetz befahrbar sein. Darum wurde es mit Zement befestigt. Stark befahrbare Abschnitte wurden asphaltiert. Auf ihnen rollen bis zu hundert Dumper, welche die Massentransporte übernehmen. Die Fahrten der Dumper ergeben noch einen weiteren Effekt, den sich Bickhardt Bau zu nutze macht: der Untergrund wird gleich mitverdichtet.
Besichtigung vor Ort mit Oberschachtmeister Gerhard Mötzung von Bickhardt Bau, Zeppelin Niederlassungsleiter Stefan Lanio, Jens Groschischka, verantwortlicher Mitarbeiter bei Manfred Hoffmann, Barbara Hoffmann, Mitglied der Geschäftsleitung von Manfred Hoffmann, und Zeppelin Vertriebsdirektor Kay-Achim Ziemann (von links)
Beladen werden die Dumper von großen Kettenbaggern, wie den Cat 374 FL, Cat 374D L, Cat 352F und 349E L. Geschachtet wird von außen nach innen. Im Fall der ehemaligen Ausfahrt der Braunkohlebahn muss ein Höhenausgleich erfolgen, um den Grubenausgang der früheren Kohlezug-Strecke zu schließen. Dabei muss so viel Material aufgeschüttet werden, dass dieser Bereich die neue Uferlinie wird und oberhalb des späteren Wasserspiegels liegt. Die Dumper sind fortwährend im Kreisverkehr unterwegs: Den Abraum bringen sie von den Kippenflächen im Zentrum in die künftige Bärenbrücker Bucht. Gewaltige Kippenmassen sind in der Innenkippe, wo bisher die Kohle gefördert wurde, abzutragen, damit daraus der Ostsee als Erholungsgebiet entsteht. Schließlich muss eine Mindestwassertiefe von zwei Metern in den sogenannten Randschläuchen entstehen, die aufgrund der Tagebautechnologie entstanden sind. Der Ostsee wird bis zu 40 Meter tief sein.
Jeder Lade- und Kippstelle wurden mit farbigen Symbolen Maschinen und Dumper zugeordnet. So weiß jeder Fahrer, welche Bereiche er ansteuern muss. Haben die Dumper die Kippstelle erreicht, fahren sie diese vorwärts runter und kippen dabei bereits ab. Dann drehen sie und fahren wieder zurück. So ist es überhaupt möglich, dass eine Raupe bis zu 30.000 Kubikmeter am Tag Material einbauen kann.
Um sich die Dimension vorstellen zu können, vergleicht das ausführende Unternehmen Bickhardt Bau die Massenbewegung mit der Erweiterung der Londoner U-Bahn um 28 Kilometer – mit dem Unterschied, dass das Vorhaben in Cottbus noch größere Ausmaße vorweisen kann. Für das Unternehmen selbst ist das Projekt das größte in seiner 45-jährigen Firmengeschichte. So ein Maschineneinsatz und ein Projekt in dieser Größenordnung erfordern eine entsprechende Koordination. Bauleiter Michael Schmidt und sein Kollege Gerhard Mötzung, Oberschachtmeister bei Bickhardt Bau, haben von Anfang an die Abläufe im Blick, die sie minutengenau geplant haben. Was sie dabei antreibt: Jede Minute kostet bei diesen Massen Zeit und Geld, zumal man das auf die Masse an Geräten multiplizieren muss. So hat der Oberschachtmeister den Ladezyklus genau berechnet – mit drei gehäuften Löffeln werden die Dumper beladen. Es geht dabei um jeden Zentimeter, Kubikmeter und Tonne. Nichts davon soll unnötig oder zu viel bewegt werden.
Um auf ungeplante Ausfälle vorbereitet zu sein, stehen auch für alle Maschinen Stand-By-Geräte bereit. Weil bei dem Einsatz viele Konstanten gleich bleiben und die Geräte viele Betriebsstunden anhäufen, wird der Maschineneinsatz für den Cottbuser Ostsee zu Testzwecken genutzt. Erkenntnisse aus dem Maschinen-Vergleich dienen der Kalkulation von zukünftigen Projekten und sind die Grundlage für Investitionen in den eigenen Fuhrpark von Bickhardt Bau. So sollen Rückschlüsse auf Leistungsdaten der Baumaschinen, etwa in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch, gewonnen werden.
Innerhalb von einer Stunde muss die Dumperflotte über vier Zapfsäulen betankt werden
Diese werden mit Diesel ohne Bioanteil betankt – auch dafür gibt es einen Grund, wie Gerhard Mötzung erklärt: „Die eingesetzten Maschinen der neuen Motorengeneration haben Feinfilter – der Bioanteil würde sich darin absetzen und das würde zu einem Stillstand führen.“ Doch Stillstand ist das, was hier keiner gebrauchen kann. 80 Prozent aller Geräte greifen auf AdBlue zurück – auch dafür wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Denn das frostempfindliche AdBlue wird bei niedrigen Temperaturen in eigenen Zelten erwärmt und dann erst in die Maschinen eingefüllt.
Für das Betanken hat der Oberschachtmeister bei Bickhardt Bau eine eigene Choreografie entwickelt. Denn sonst wäre es nicht möglich, innerhalb von einer Stunde die Dumperflotte im Minutentakt über vier Zapfsäulen mit Diesel und AdBlue zu betanken und den Mitarbeitern ihre wohlverdiente Pause zu gönnen. Um acht Minuten vor 13 Uhr wird gestartet, dann rücken die Dumper zum Tanken an. Eigene Mitarbeiter sind dafür abgestellt, die das übernehmen. Während des Tankens stehen zwei Schlosser in Alarmbereitschaft für kurzfristige Reparaturen. Jeder Dumper hat einen zugewiesenen Stellplatz, markiert durch einen Findling. Vier Dumper parken in einer von zehn Reihen nebeneinander.
Auch wenn die Motoren um zehn vor 14 Uhr wieder starten, wird nichts dem Zufall überlassen. In einer festgelegten Reihenfolge fahren die ersten Dumper vorne los – Reihe für Reihe verlässt den Platz. Eine Kolonne von 50.000 Pferdestärken nimmt ihre Arbeit auf. Dann erst rücken Tankwagen an, die Nachschub bringen. Rund 100.000 Liter Dieselvorräte sind die Tagesration, die auf Vorrat gebunkert wird. Raupen und Bagger werden direkt im Gelände betankt. „Je nach Arbeitseinsatz werden täglich bis zu 50.000 Liter Sprit verbraucht, wenn mal mehr, mal weniger an die 100.000 Kubikmeter Material am Tag eingebaut werden. Das hängt davon ab, welche Arbeiten die Geräte stemmen“, so der Oberschachtmeister.
Dass sich die Mitarbeiter zum Tanken einfinden und bei Kaffee und Bockwurst stärken, begünstigt die Kommunikation im Team. „Die Fahrer können sich dann während ihrer Pause auch mal untereinander austauschen“, ergänzt er, und darauf legt er großen Wert. Bevor ein Maschinist in der Massenbewegung für den Cottbuser Ostsee arbeiten darf, wird er von einem eigenen Fahrlehrer eingewiesen. Denn er muss erst einmal einen Tag Probe fahren und dabei beweisen, dass er die Abläufe der Baustelle versteht. Nicht nur beim Tanken haben sich alle an Vorgaben zu halten, sondern auch sonst hat Gerhard Mötzung klare Vorstellungen davon, wie der Einsatz zu erfolgen hat.
So gilt für alle Fahrer, dass sie Rückwärtsfahren tunlichst vermeiden müssen. „Denn da entstehen häufig Schäden. Wir wollen keine unnötigen Risiken eingehen. Unsere Maschinisten sollen die Geräte sicher durch das Gelände manövrieren, damit kein Unfall entsteht, was bislang auch gelungen ist“, berichtet der Oberschachtmeister. In punkto Sicherheit macht die Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG), keine Kompromisse – diese wird ganz großgeschrieben. In der gesamten Großbaustelle Cottbuser Ostsee seien durch die straffen Gesamtvorgaben des Unternehmens LEAG bisher bei allen Arbeiten noch keine Unfälle zu verzeichnen.
Bauleiter Michael Schmidt und Oberschachtmeister Gerhard Mötzung von Bickhardt Bau besprechen mit Barbara Hoffmann, Mitglied der Geschäftsleitung, und Jens Groschischka, verantwortlicher Mitarbeiter, bei Manfred Hoffmann, den Maschineneinsatz auf Europas größter Erdbaustelle (von links)
Und das gilt auch für das Unternehmen Manfred Hoffmann. Dieses versteht sich als Dienstleister, der die Maschinentechnik plus Personal für das Vorhaben stellt. Insgesamt sind in der Spitze 135 Maschinisten und zwar überwiegend aus der Region beschäftigt. Hinzukommen acht Monteure. „Wir setzen dafür unsere Stammbelegschaft ein, mussten aber noch einen Großteil der Mannschaft in kurzer Zeit akquirieren. Das war eine enorme Herausforderung“, meint Barbara Hoffmann. Eine weitere Aufgabe, die zu bewältigen ist: den Service für die ganzen Großgeräte zu erbringen. Damit bedient Manfred Hoffmann in Deutschland nach eigenen Angaben ein Alleinstellungsmerkmal, weil das Unternehmen Mietmaschinen ab 20 Tonnen aufwärts inklusive umfassender Reparatur- und Wartungsdienste anbiete.
Vor Ort unterhält Manfred Hoffmann deswegen einen eigenen Servicestützpunkt in Form einer überdachten Werkstatt, die bis zu zwei Dumpern nebeneinander Platz bietet. Damit die geforderten Service- und Garantiearbeiten durchgeführt werden können, wird das Personal jeden zweiten Freitag in das verlängerte Wochenende geschickt. Zweckmäßigkeit dominiert die Werkstatt-Einrichtung. Für die Masse an Maschinen müssen entsprechende Ersatzteile vorrätig gehalten werden, aber auch Betriebsmittel. „An die 40 Filtersätze liegen im Lager. Manchmal sind sie schon nach zwei Wochen aufgebraucht“, berichtet Jens Groschischka.
Es gibt einen eigenen Waschplatz mit Ölabscheider und Auffangbehälter – die Entsorgung wird genauso ernst genommen, wie bei einem gewöhnlichen Werkstattbetrieb. Unterstützt werden die Servicemitarbeiter von dem eigenen Servicezentrum im Brandenburgischen Schwarzheide, etwa 40 Kilometer nördlich von Dresden. Manfred Hoffmann greift dabei auch auf seinen Baumaschinenlieferanten Zeppelin zurück. Die Niederlassung Cottbus stellte durchgängig einen Servicemitarbeiter ab. Servicetechniker Sven Altmann betreut die Großgeräteflotte seitens Zeppelin und steht den Monteuren sowie Fahrern mit Rat und Tag zur Seite.
„Es werden nicht nur Kleinigkeiten repariert, sondern zu Spitzenzeiten wurden schon 70 Inspektionen vorgenommen und zehn Getriebe wieder auf Vordermann gebracht“, erklärt Jens Groschischka. Die Flotte muss stets am Laufen gehalten werden. „Das setzt eine hohe Einsatzbereitschaft und Flexibilität voraus“, sind laut Gerhard Mötzung die Anforderungen von Bickhardt Bau. Das Unternehmen ist auf eine schnelle Entscheidungsfindung angewiesen. „Die entscheidende Expertise von Bickhardt Bau ist es, Maschinen, Massenbewegung und Menschen miteinander zu vernetzen. Das ist hier die ganz große Kunst“, unterstreicht Barbara Hoffmann.
Weitere Informationen: ZeppelinCat Website, Bickhardt Bau AG Website, V & C Metzner Website| © Fotos: Zeppelin
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