Stuttgart, 15.09.2017. Der Verband Bauwirtschaft Baden-Württemberg übt scharfe Kritik an der derzeit vermehrt von öffentlichen Auftraggebern praktizierten Aufhebung von Bauausschreibungen.
Bauforum24 Artikel (19.07.2017): Beschäftigungsaufbau ist Fluch und Segen.
Die von Kommunen häufig angeführte Begründung, dass die Angebotspreise ihre Baukostenschätzung deutlich überschreiten, ist aus Sicht der Bauwirtschaft zumeist unberechtigt, da die Kostenschätzungen oft unrealistisch niedrig angesetzt seien. Lesen Sie mehr dazu in nachfolgender Stellungnahme der Bauwirtschaft Baden-Württemberg:
ZitatDer Verband Bauwirtschaft Baden-Württemberg übt scharfe Kritik an der derzeit vermehrt von öffentlichen Auftraggebern praktizierten Aufhebung von Bauausschreibungen. Als Begründung für den nachträglichen Stopp der eigenen Ausschreibungen verweisen Kommunen dabei häufig auf die Tatsache, dass die Angebotspreise ihre Kostenschätzung deutlich überschreiten. Teilweise wird den anbietenden Bauunternehmen unterstellt, sie nutzten die günstige konjunkturelle Lage aus, um „überhöhte“ Preise durchzusetzen.
Dieter Diener, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, weist diesen Vorwurf mit Nachdruck zurück: „Trotz gestiegener Kosten haben sich die Preise für Bauleistungen im Bauhauptgewerbe in den vergangenen Jahren nur moderat erhöht.“ Darüber hinaus, so Diener, lasse der nach wie vor teilweise harte Wettbewerb in der Baubranche nur niedrige Gewinnmargen zu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lagen die Preise für Bauleistungen im Mai dieses Jahres im Durchschnitt aller Gewerke nur um 3,3 Prozent über den Vorjahreswerten. Im Straßenbau betrug die Kostensteigerung 3,7 Prozent.
Die von den Auftraggebern angeführte Begründung für die Ausschreibungsaufhebungen ist aus Sicht der Bauwirtschaft zumeist unberechtigt. „Wenn die Angebote der teilnehmenden Unternehmen nahe beieinanderliegen und dabei die Kostenschätzung des Bauherrn alle deutlich übersteigen, so ist das ein Indiz dafür, dass die Kalkulation offenbar unrealistisch ist und den Marktgegebenheiten nicht entspricht“, stellt Diener fest. Es sei zu vermuten, dass die Gemeinden auf der Grundlage veralteter Daten oder ohne Berücksichtigung vorhandener baustellenspezifischer Erschwernisse kalkulieren, wodurch die Kostenschätzungen deutlich zu niedrig ausfielen. Auf einer solchen Grundlage sei eine Ausschreibungsaufhebung nicht zu rechtfertigen. Der Verband weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es unzulässig ist, ohne ausreichende Gründe laufende Ausschreibungsverfahren zu stoppen. Eine Möglichkeit, Vergaberechtsverstöße zu vermeiden, bieten z. B. Aufklärungsgespräche zwischen der ausschreibenden Gemeinde und den Bietern, bei denen die Hintergründe für die Diskrepanz zwischen der Kostenschätzung und den Angebotspreisen aufgeklärt werden können.
Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg appelliert an die öffentlichen Auftraggeber, im Rahmen der Bauvergabe ihrer Verantwortung für die Schaffung fairer Marktbedingungen gerecht zu werden. Im Zusammenhang mit der Aufhebung von Ausschreibungen sieht Dieter Diener zudem die Gefahr, dass die Realisierung von Bauprojekten verzögert werde. Des Weiteren entstehen in zum Teil erheblichem Umfang unnötige Kosten für die Kalkulation von Angeboten.
Weitere Informationen: Bauwirtschaft Baden-Württemberg Website
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