Heidelberg, 12.10.2016 - Für die magnetische Vermessung und Behandlung von Marineeinheiten ist ein Bauwerk erforderlich, das selbst keinerlei magnetische Wirkung haben darf. Daher lieferte die Heidelberger Beton GmbH für den Bau einer neuen Entmagnetisierungsanlage einen Beton, dessen Bestandteile komplett aus nichtleitfähigem, amagnetischem Material besteht.
Bauforum24 Artikel (31.08.2015): HeidelbergCement Steelcrete - Stahlfaserbeton für Industrieböden
Stahlbewehrungen kommen wegen ihrer magnetischen Eigenschaften für die Bohrpfähle nicht in Frage. Stattdessen dienste Glasfaserkunststoff als Bewehrung.
Die größte und modernste Entmagnetisierungsanlage in Nordeuropa ist derzeit im Bau. Das Großprojekt entsteht in der Kieler Förde. Mit dem ersten Rammschlag wurde Anfang des Jahres die eigentliche Bauphase eröffnet. Ziel der Anlage sei es, so der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Lübeck, Henning Dierken, vor 150 geladenen Gästen „die Schiffe magnetisch unsichtbar zu machen und sie so vor Seeminen mit magnetisch arbeitenden Zündern zu schützen.“ Bis 2021 soll das Bauwerk in der Kieler Förde fertiggestellt sein. Es dient der Bundeswehr zur magnetischen Vermessung und Behandlung ihrer Marineeinheiten. Außenstehende können sich die Anlage als eine Art gigantischen Käfig in der Größe von ungefähr vier Fußballplätzen vorstellen, in dem verschiedene Magnetfelder erzeugt werden können. Mit ihnen wird die magnetische Signatur von Schiffen unterdrückt. Dieser Vorgang muss regelmäßig durchgeführt werden.
Mit dem anspruchsvollen Projekt ist eine Arbeitsgemeinschaft beauftragt, die ARGE E-M Behandlungsanlage. Ihr Bauleiter, Jörg Miemietz vom beteiligten Unternehmen Bilfinger MOS, hat es mit einer komplexen Bauaufgabe zu tun. Nicht nur deren Größenordnung ist beachtlich. Der Bauort, wie auch das Bauwerk selbst, dürfen über kein eigenes Magnetfeld verfügen. Damit die neue Anlage also ihre Funktion erfüllen kann, müssen auch sämtliche Bestandteile des benötigten Betons aus nichtleitfähigem Material bestehen. Hierzu wurde im Betonwerk Zement mit Splittmaterial der Qualität E 1 aus Norwegen gemischt, weil dieses keine Anteile an magnetischen Stoffen enthält.
In einer riesigen Halle werden zunächst die einzelnen Bestandteile der Trägerkonstruktion gegossen und modellhaft ausgelegt, bevor sie im Meer verankert werden.
Zunächst ließ Bauleiter Miemietz in einem stillgelegten Hangar eines ehemaligen Fliegergeschwaders der Bundeswehr in parallel liegenden Schalungen mehr als 500 Betonpfähle für die Gründung im Meer gießen. Als Bewehrung für die Fertigbohrpfähle mit einem quadratischen Profil von 40 mal 40 Zentimetern diente Glasfaserkunststoff. Den Transportbeton für die deutlich über zehn Meter langen Fertigpfähle lieferte die Heidelberger Beton GmbH aus Kiel. Für den späteren Anschluss des Überbaus erhält der Pfahl eine Gewindestange aus Edelstahl, die absolut amagnetisch ist. Werkseitig wurden alle zwei Wochen Proben des Zements und der Zuschlagsstoffe von der Bundeswehr auf ihre magnetische Leitfähigkeit geprüft.
Die Fertigpfähle werden ab Sommer 2016 mit einem schwimmenden Gerät in Schneckenverdrängungsbohrpfähle (SvB-Pfähle) eingestellt. Diese Pfähle müssen teilweise mehrere zehn Meter unter dem Meeresspiegel hergestellt werden, da die oberen Bereiche des Ostseegrundes nicht tragfähig sind. Die Herstellungsvariante beruht auf einem Vorschlag des Unternehmens Bilfinger, das hiermit technologisches Neuland betritt.
Seit Ende September 2016 ist eine Betonpumpe von Heidelberger Beton zusammen mit zwei Fahrmischern auf einem Schwimmponton stationiert.
Der Überbau der Anlage wird aus rund 200 Einzelelementen mit einer Länge von bis zu fünfzehn Metern und drei Metern Breite aus besonders resistentem Holz zusammengesetzt. Diese Konstruktion wird dann das Traggerüst der äußerst anspruchsvollen elektrotechnischen Vermessungs- und Behandlungsanlage sein, die als Ganzes in einem Sperrgebiet vor der Küste verankert wird. Auf dem Holzgerüst wird ein PE-HD Kabelkanal montiert. Darin verlaufen viele Kilometer Kupferkabel für eine überdimensionale Induktionsspule. Sobald das Bauwerk auf diese Weise ausgestattet ist, können Schiffe durch das Überfahren der Sensoren ferromagnetisch vermessen und die Werte aufgezeichnet werden.
Ingenieur Miemietz vergleicht seine Vorgehensweise mit dem Bau einer riesigen Tunnelbohrmaschine. „Diese Maschine wird zunächst einmal im Herstellerwerk zusammengesetzt, bevor sie in Einzelteilen zu ihrem Einsatzort auf Reisen geht“. So wird auch er die einzelnen, draußen vor Ort gefertigten SvB Pfähle zunächst in 10 Meter Wassertiefe vermessen und dann auf der eigens dafür angemieteten Fläche des ehemaligen Marinefliegergeschwader (MFG 5) in Holtenau in einem relativen Koordinatensytem 1:1 nach Lage und Höhe abstecken. Anschließend wird der gesamte später in die Kieler Förde abzusenkende Überbau mit seinen fast 200 Einzelelementen auf diesen simulierten Pfahlpunkten aufgebaut. Damit kann Jörg Miemietz sicher sein, dass beim Einbau im Wasser alle Einzelteile exakt zueinander passen. Notwendig geworden ist der Neubau, weil Schiffe in der alten Anlage aufgrund höherer Anforderungen nicht mehr ferromagnetisch ausreichend vermessen werden können.
Seit September 2016 ist eine Betonpumpe von Heidelberger Beton zusammen mit zwei Fahrmischern auf einem Schwimmponton stationiert. Rund sechs Wochen lang werden sie dann dabei helfen, den Beton, der wiederum zur Verankerung von 14 Festmachertonnen im Meer benötigt wird, in bis zu 400 Metern Entfernung vom Ufer einzubringen.
Weitere Informationen: HeidelbergCement AG
(© Fotos: HeidelbergCement AG)
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