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Es gibt zweifelsfrei große, mittlere und kleine Baumaschinen. Diese Einteilung erfolgt in erster Linie nach der mit diesen Maschinen in der Praxis maximal erzielbaren Bauleistung. Unabhängig von den mit den einzelnen Baumaschinen realisierbaren Bautechnologien ist daher die Bauleistung die Hauptvorgabe für die konstruktive Entwicklung einer derartigen Maschine.

gernot_kotte_minimierung_erdbaumaschinen_01.jpg


Die in der Regel im Mitgängerbetrieb geführten und bedienten Maschinenkombinationen aus
kleinen automobilen Trägerfahrzeugen und zahlreichen Ausrüstungsalternativen kann man
durchaus als den entwicklungstechnischen Endpunkt in der Minimierung von Erdbaumaschinen
ansehen.


In der Folge muss dann aber jeder Baumaschinenkonstrukteur u.a. auch die nachstehend gelisteten Sekundärbedingungen stets beachten und erfüllen, zumal diese Aspekte bei den Maschinenbetreibern auf deren Beschaffungs-Checklisten ganz oben stehen:
  • Kleinste Maschinenabmessungen
  • Geringstes Maschinengewicht
  • Allwegtauglichkeit
  • Optimale Bedienbarkeit
  • Hohe Funktionssicherheit
  • Geringster Instandhaltungsaufwand
  • Maximaler Umweltschutz
  • Minimale Fertigungskosten.
Wird, was bei der Anschaffung einer modernen und mit Sorgfalt entwickelten Baumaschine die Grundbedingung ist, vorausgesetzt, dass jede auf dem Markt anzutreffende Baumaschine, gleichgültig welcher Größe und für welche Bautechnologie gedacht, konsequent nach diesen Vorgaben entwickelt wurde, handelt es sich in jedem Fall immer auch um die kompakteste Konstruktion.

Jede ausgereifte moderne Baumaschine ist daher dem Grunde nach eine "Kompaktmaschine".

Natürlich muss man in diesem Zusammenhang beachten, dass meistens sowohl die gleiche Bautechnologie als auch die gleiche Bauleistung mit Maschinen formal recht unterschiedlicher Konstruktionsprinzipien erzielt werden kann. Das kann durchaus dazu führen, dass sich diese Konstruktionsunterschiede besonders deutlich in den aufbau- und funktionsbezogenen Maschinenabmessungen äußern.

Die Vorläufer der ersten Erdbaumaschinen bestanden noch aus von Pferdegespannen gezogenen landwirtschaftlichen Geräten. Erst in ihrer zweiten Entwicklungsphase wurden diese unter Einsatz von Dampfmaschinen zu sich selbst bewegenden Maschinen. Mit diesem historischen Ansatz wird deutlich, dass es sich danach bei ihnen zunächst schon um Groß-Maschinen handelte, deren Abmessungen und Gewichte vor allem durch das große Antriebssystem bestimmt wurden. Sogleich wurde aber auch deutlich, dass diese großen Maschinen auch nur zur Erfüllung entsprechend gestalteter und großer Bauaufgaben eingesetzt werden konnten. Also dominierte auf den vielen kleineren Baustellen nach wie vor die fast ausnahmslos körperlich schwere Handarbeit.

Erst mit der Erfindung der Verbrennungsmotoren und der Ablösung bisher üblicher mechanischer Ketten- und Seilzüge durch die vielgestaltige Hydraulik ergab sich die Voraussetzung, diese unförmig-großen Dampf-Baumaschinen auf Maschinen mittlerer Größe zu reduzieren und diesen damit auch den technologischen Einstieg in mittlere oder sogar kleinere Bauaufgaben zu ermöglichen. Auf den Sektoren der Planier- und Laderaupen sowie der ersten Radlader waren das Maschinen mit Antrieben zwischen 60 und 70 PS.

Es war bis in die Sechziger Jahre nicht nur in Deutschland ein kennzeichnendes Merkmal eines modernen und erfolgreichen Erd- und Tiefbauunternehmers, zumindest eine dieser Maschinen zu besitzen. Verständlich, dass sich alle Unternehmer dieses Bausektors im sich laufend verschärfenden Wettbewerb bemühten, mit Hilfe dieser Maschine immer mehr von den noch in vielen Aufträgen anfallenden manuellen Bauarbeiten zu mechanisieren und diese damit auch wirtschaftlich zu optimieren. Aber in dem Maße, wie sich die in ihrer Art entsprechenden Bauaufträge weiter verkleinerten und sich das Baugeschehen zunehmend mehr zum "Bauen im Bestand" entwickelte, standen bald auch die Erdbaumaschinen dieser Mittel-Größe an der Grenze ihrer technologischen und wirtschaftlichen Brauchbarkeit.

Die sich im Laufe der Jahre nahezu anhaltend erhöhenden Lohnkosten und das intensive imperative Bemühen der Berufsgenossenschaften um die "Humanisierung des Arbeitsplatzes" waren zwei wesentliche Anlässe, sich auch weiterhin noch um die Mechanisierung bisheriger Handarbeiten im Bauwesen zu bemühen. Das war aber meistens nicht mehr mit einer maßgeblichen Verkleinerung bereits bekannter Maschinen möglich, sondern bedingte in fast allen Bereichen die Entwicklung völlig neuer Maschinenkonzepte.

Auf der anderen Seite wurden aber zur gleichen Zeit die Konstruktionsprinzipien der bekannten Mittel-Maschinen in einigen wenigen Kapazitätsstufen zur konstruktiven Entwicklung extrem großer Erdbaumaschinen genutzt. Diese wurden allerdings vorzugsweise auf großen Abbruchbaustellen, vor allem aber in den zur Baustoff- und Erzgewinnung betriebenen Brüchen und Tagebauen eingesetzt. Dort jedoch im Rahmen einer zweiten Mechanisierungsphase: Erhöhung der Produktion bei gleichzeitiger Senkung der spezifischen Gewinnungskosten durch den Ersatz möglichst vieler kapazitiv kleinerer Mittel-Maschinen durch einzelne oder aber zumindest zahlenmäßig deutlich weniger Groß-Maschinen. In diesem Zusammenhang muss aber auch erwähnt werden, dass von den eingangs für klassische Erdbaumaschinen genannten Entwicklungsbedingungen für diese Maschinengruppe nur noch die Aspekte der Funktionssicherheit, optimal Instandhaltbarkeit, Bedienungskomfort, Umweltschutz und Fertigungskosten Bedeutung hatten.

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Viele Baumaschinen sind mittlerweile zu Dauerarbeitsplätzen geworden, die bezüglich ihres
Bedienungskomforts bestimmte Kriterien kompromisslos zu erfüllen haben.


Auf dem Weg zur Klein-Maschine gab es aber zunächst noch den "Haltepunkt" der so genannten Mehrzweckmaschine. Das war bei allen Herstellern fast ausnahmslos ein größerer landwirtschaftlicher Ackerschlepper mit einer Frontladerkinematik und einem Hecktieflöffel. Er besaß fast immer einen Allradantrieb und eine Vorderachse mit Achsschenkellenkung. Die Vorderräder hatten meistens einen sehr geringen Durchmesser, um einen großen Lenkeinschlag und damit einen geringen Wendekreis zu erreichen. Schnellwechseleinrichtungen an der Laderkinematik und am Arm des Tieflöffels ermöglichten schnelle Ausrüstungswechsel und damit brauchbare technologische Anpassungen an die sich auf den Baustellen häufig ändernden Einsatzbedingungen. Mit den heute noch in großer Zahl bei den Bauunternehmern und im Markt vorhandenen "Baggerladern" konnten zwar schon eine ganze Menge der an der unteren Grenze der Mittel-Maschinen anfallenden "Kleinarbeiten" technologisch, qualitativ und wirtschaftlich optimal mechanisiert werden. Doch da sich dieser Auftragsbereich laufend mit immer kleiner und komplizierter werdenden Aufträgen weiter vergrößerte, war bald auch der "Baggerlader" sowohl kapazitiv und wirtschaftlich als auch in seinen Funktionsabmessungen immer häufiger zu groß.

Mit der Zeit wurde es aber auch als technologisch und wirtschaftlich störender Nachteil empfunden, dass durch die permanente Kombination von zwei Ausrüstungen beim Ausfall einer dieser Ausrüstungen immer auch die andere nicht mehr verfügbar war. Man begann, die bautechnischen Funktionen der so genannten "Mehrzweckmaschinen" wieder auf einzelne Maschinen zu verlegen. Da kam es recht gelegen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits in Asien vor allem auf dem Baggersektor schon ausgereifte und in großen Stückzahlen produzierte Klein-Maschinen-Programme existierten.

Mit dem Import dieser Klein-Bagger, zu denen sich die mittlerweile in den meisten Industriestaaten der Welt produzierten kleinen Skid-Steer-Lader gesellten, bekamen jetzt die Bauunternehmer eine Klein-Maschinen-Gruppe an die Hand, mit deren Hilfe es möglich war, viele der noch übrig gebliebenen manuellen Erd- und Tiefbauarbeiten ebenfalls zu mechanisieren. Diese Klein-Maschinen können auf Anhängern passender PKWs schnell und damit auch für kurzzeitige Einsätze von Baustelle zu Baustelle verfahren werden und sind danach fähig, auf Gummiradfahrwerken oder Gummibandlaufwerken auch über enge, verwinkelte, unbefestigte oder oberflächlich empfindliche Fahrbahnen ihre Arbeitsstellen zu erreichen. Schnellwechseleinrichtungen an den Klein-Baggern und Klein-Radladern machen es auch hier möglich, die jeweilige Maschine an spezielle biotechnologische Einsatzanforderungen anzupassen.

Als man begann, auch die für extrem engen Einsatzbedingungen in asiatischen Städten stark minimierten Bagger und Lader in den europäischen Ländern anzubieten, offenbarten sich schwer wiegende Grenzen der Minimierung von Erdbaumaschinen: Die Fahrerkabinen und deren Einrichtungen waren schon für die europäischen Bauarbeiter mit einer durchschnittlichen Körpergröße viel zu klein. Und das alles vor dem Hintergrund, dass diese Maschinen mittlerweile zu so genannten "Dauerarbeitsplätzen" geworden waren. Damit hatte eine Fahrerkabine bezüglich ihrer Zugänglichkeit, ihres Raumangebotes, der Anordnung und Erreichbarkeit aller Bedienhebel, der Rundumsicht auf die Maschinenumgebung, ihrer Klimatisierung und ihrer komplexen Schutzwirkung für den Maschinenführer einen strengen Leistungskatalog zu erfüllen. Das war aber ab einer schnell erreichten Minimalgröße der Maschine nicht mehr erreichbar, so das man sich zur weiteren Verkleinerung der im Baubetrieb benötigten Baumaschinen wieder auf die Entwicklung von Kombinationen aus einem sehr kleinen und vorzugsweise im Mitgängerbetrieb geführten allwegtauglichen Trägerfahrzeug und eines breiten Fächers an Wechselausrüstungen konzentrierte.

In diesen von Personen nur in Ausnahmefällen aus dem Aufsitz geführten und bedienten Mini-Maschinen ist bereits das Ende der konstruktiven Bemühungen zur humanistisch sinnvollen Verkleinerung nicht nur der Erdbaumaschinen zu sehen, denn danach könnte es eigentlich nur noch kleine automotorische Werkzeuge geben, die aber dann nicht nur von Personen bedient, sondern auch wieder getragen werden müssten. Das hieße aber wieder, wie von Bauarbeiten ausgehende körperliche Belastung der damit befassten Personen auf ein nicht mehr akzeptables Niveau anzuheben.

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Diskussion: Baumaschinen der Zukunft
Diskussion: Schnell UND klein: Minibagger als Mobilbagger?

(Fotos: Merlo)

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Geschrieben

[...] danach könnte es eigentlich nur noch kleine automotorische Werkzeuge geben, die aber dann nicht nur von Personen bedient, sondern auch wieder getragen werden müssten. [...]


Ein sehr interessanter Artikel. Aber bezogen auf den von mir zitierten Satz denke ich, dass es durchaus möglich ist, die Minimierung noch weiter voranzutreiben. Denn eine Verkleinerung der Ausrüstung bedingt für mich nicht zwangläufig, dass diese vom Menschen getragen werden muss.
Ich denke da an roboterartige Maschinen, wie sie beispielsweise von der Fa. Brokk für den Abbruch angeboten werden. Diese können bequem von einem nebenstehenden Bediener ferngesteuert werden und sich nach wie vor auf eigener "Achse" fortbewegen.
Ich gehe sogar noch weiter und habe gerade die von Herrn Wessels gefertigten, voll funktionsfähigen Maßstabsmodelle vor Augen. Auch wenn es "nur" Spielzeuge sind, können diese Winzlinge durchaus produktive Arbeit verrichten. Eine praxistauglichere Konstruktion (bezogen auf Haltbarkeit, Wartungsfreundlichkeit, Preisgestaltung usw.) in dieser Größe könnte ebenso an extrem beengten Einsatzorten Anwendung finden.
Nur stellt sich für mich dann natürlich irgendwann die Frage, ob es nicht doch einfacher ist, ein Stiefmütterchen per Hand einzupflanzen, als mit einem solchen Microbagger ein Loch dafür auszuheben. wink.gif

Niels-Baumafreddi

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