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Extreme Bedingungen am tiefsten Punkt Europas. In einer wahren logistischen Meisterleistung gelangte eine Transportkette aus Volvo-Baumaschinen auf spektakuläre Weise in eine Wendel, die in immer größere Tiefen vorgetrieben wird.

Wie lassen sich der Förderung in einem großen Untertage-Bergwerk neue Impulse verleihen? Wie können Produktivität und Förderleistung gesteigert werden?

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Bie der K+S KALI GmbH lautete die Antwort: durch den Einsatz einer Volvo-Transportkette. Doch das ist im folgenden Fall leichter gesagt als getan. Denn die Baumaschinen, um die es hier geht ? zwei L110E und vier knickgelenkte Dumper A25D (4x4) ? können nicht einfach in das Streckensystem des Kalibergwerks hineinrollen und sofort loslegen. Vielmehr müssen alle sechs Volvo-Baumaschinen zunächst in ihre Einzelteile zerlegt und dann Stück für Stück durch einen engen Materialschacht von nur fünf Meter Durchmesser in die Tiefe hinabgelassen werden.

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Alle sechs Volvo-Baumaschinen wurden zunächst in ihre
Einzelteile zerlegt und dann Stück für Stück durch einen
engen Materialschacht von nur fünf Meter Durchmesser
in die Tiefe hinabgelassen.


Solch ein Vorhaben verlangt viel Knowhow, eine umfassende Vorausplanung und eine ausgeklügelte Logistik. Immerhin erfolgt der erneute Zusammenbau der zerlegten Maschinen ?unten" im Bergwerk unter beengten und schwierigen Bedingungen, samt Probelauf und Testeinsatz. Hinzu kommen zahlreiche Modifikationen zur Anpassung der Volvo-Standardmaschinen an die extremen Bedingungen des Bergwerksbetriebes. Deshalb setzten sich Fachleute von Volvo CE mit dem zuständigen Volvo-Vertragshändler Baumaschinen Könicke GmbH & Co. KG und der K+S KALI GmbH, Werk Sigmundshall, an einen Tisch, um ein Logistikkonzept der besonderen Art auszuarbeiten. Die Lieferung der Untertageflotte von Volvo CE bedeutete außerdem eine Umstellung der Abbau- und Fördertechnik im Bergwerk, was weitere sorgfältige Planungen erforderte.

Mit dem Einsatz der Volvo-Baumaschinen beschreitet die K+S KALI GmbH neue Wege im untertägigen Bergbau. Man möchte durch den Einsatz von Radladern und Dumpern von aufwendigen Sonderkonstruktionen wegkommen und stattdessen bewährte Standardmaschinen verwenden. Zu den werksseitigen Modifikationen der Volvo-Geräte gehören niedrigere Fahrerhäuser, Achsölkühlung, Feuerlöschanlagen, Kühler, Luftfilter und Klimaanlagen mit höherer Leistung sowie weitere Details für den Untertageeinsatz. Hierbei ist zu bedenken, daß die Maschinen in Tiefen von 1.400 Metern und mehr bei Gebirgstemperaturen von maximal 55 Grad Celsius arbeiten werden ? und das bei sehr staubhaltiger Grubenluft, in drei Schichten, sieben Tage die Woche.

Die Verantwortlichen versprechen sich von den über die längeren Distanzen eingesetzten Baumaschinen deutlich höhere Förder- und Transportleistungen als von den bislang eingesetzten 17 Fahrladern, deren Schaufeln nur 12 bis 17 Tonnen fassen. Jeder der vier A25D (4x4) verfügt über eine Nutzlastkapazität von 24 Tonnen. Das ist doppelt so viel wie mit einem Fahrlader. Als kompakter und wendiger Knicklenker eignet sich der zweiachsige A25D (4x4) mit breiter Hinterradspur, 13 m³ Muldeninhalt und bis zu 53 km/h Geschwindigkeit auch für Steinbrüche und andere Gewinnungsbetriebe. Unter Tage ist die Geschwindigkeit jedoch auf maximal 35 km/h begrenzt. In speziellen Versionen, in diesem Fall auch mit niedrigerem Fahrerhaus, wird er besonderen Einsatzprofilen wie dem Untertagebergbau angepaßt. Die Volvo-Niederemissionsmotoren der Dumper nutzen den Kraftstoff effizient und erreichen laut Volvo schon bei niedrigen Drehzahlen hohe Drehmomente. Ein Bordrechner steuert die Getriebeautomatik, damit jederzeit die Anpassung an die Fahrbedingungen erfolgt. Dies soll besonders bei den geplanten Steigungsfahrten mit Ladung für Kraftstoffeinsparungen sorgen.

Ein beladener, bis zu 44 Tonnen wiegender, A25D (4x4) ist nicht gerade schmächtig zu nennen. Er ist nämlich über die Außenkante der Mulde 3,13 Meter breit und 8,9 Meter lang. Ob Radlader-Hinterwagen, Dumperrahmen oder eine Hälfte der zerteilten Mulden, stets war nur wenig Platz vorhanden, um die auf eine exakt definierte Maximalgröße zerlegten Komponenten und Baugruppen der Volvo-Baumaschinen im ?Schacht Kolenfeld" in eine Tiefe von 940 Metern hinabzulassen. Fehlplanungen durfte es hier nicht geben.

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Die neue Volvo-Flotte soll in einer Wendel arbeiten, die in immer größere Tiefen vorgetrieben
wird. Die 1.800 Meter lange Wendel, in der die Dumper ihre Last bei einer Steigung von 16
Prozent aufwärts befördern, führt zu einem Drittel durch Nutzmaterial und zu zwei Dritteln
durch Steinsalz.


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Der Knicklenker verfügt über eine von Volvo-Ingenieuren entwickelte, patentierte
Wendevorrichtung, mit der in nur 25 Sekunden auf lediglich 9,5 Metern Stollenbreite
um 180 Grad gedreht wird. Eine hydraulisch absenkbare Stütztraverse hebt den leeren
oder auch beladenen Hinterwagen an. Wird nun bei blockierten Vorderrädern die
Knicklenkung betätigt, rollt der Hinterwagen auf zwei unter der Stütztraverse
angeordneten Rädern um den maximal möglichen Knickwinkel des Rahmens zur
Seite.


Die Demontage von sechs großen Baumaschinen, die termingerechte ?just-in-time"-Anlieferung beim Bergwerk, das folgerichtige Einhängen sämtlicher Komponenten und Baugruppen durch den Materialschacht und letztlich auch die Montage unter den erschwerten und beengten Bedingungen unter Tage erfordern eine äußerst präzise ablaufende Logistik. Die Spezialisten des Volvo-Vertragshändlers Baumaschinen Könicke setzten sich in Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung des Werkes Sigmundshall einen engen Zeitrahmen: Innerhalb von nur sechs Wochen sollten Demontagen, Anlieferungen, das Einhängen durch den Schacht Kolenfeld, die Montage unter Tage sowie die ersten Versuchseinsätze erfolgen.

Unter der Leitung von Hanno Schöne, bei Könicke zuständig für Service und Montage, und dem Grubenwirtschaftsingenieur Dr. Jan Tegtmeier des Werks Sigmundshall nahmen die zerlegten Baumaschinen fast einen Kilometer tief unter der Erde genau nach Zeitplan wieder Gestalt an.

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Unter Tage mussten die Maschinen wieder
zusammengebaut werden.


Warum sollen im Werk Sigmundshall anstelle der bislang verwendeten Fahrlader nun herkömmliche Baumaschinen von Volvo zum Einsatz kommen? ?Bewährte Serienmaschinen bieten gegenüber Kleinstserienmaschinen wie Fahrladern zahlreiche Vorteile. Das betrifft nicht nur die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, sondern auch den Service", erläutert Dr. Tegtmeier. ?Wir haben mit Baumaschinen Könicke eine saubere Lösung gefunden", fährt er fort. ?Unser Werkstattpersonal ist mit den bereits vorhandenen Untertagemaschinen voll ausgelastet. Deshalb haben wir mit Könicke ein Full Service-Programm vereinbart. Das beinhaltet eine vertraglich zugesicherte Verfügbarkeit der Volvo-Maschinen von 85 Prozent. Wem das wenig erscheint: Unter Tage sind 85 Prozent Verfügbarkeit sehr hoch", erläutert Dr. Tegtmeier.

Durch den Einsatz von Radladern und Dumpern soll sich gegenüber einem Fahrlader aber keineswegs der Personalaufwand verdoppeln. Nur ein Fahrer wird nämlich im Wechsel sowohl den L110E als auch jeweils einen A25D (4x4) bedienen. Bei Umlaufzeiten von bis zu 20 Minuten wären die Wartezeiten für den Fahrer zu lang, weshalb er auch je einem Knicklenker zugeordnet werden kann. Die Geräte müssen im Einsatz äußerst harten Bedingungen trotzen. Hier sind vor allem die extremen Temperaturen und die hohe Staubentwicklung zu nennen. Im Rahmen des Full Service-Programms werden die Monteure von Baumaschinen Könicke sämtliche anfallenden Servicearbeiten vor Ort in der voll ausgestatteten Hauptwerkstatt auf der 940-Meter-Sohle bzw. in einem Wartungsraum auf der 1.150-Meter-Sohle durchführen. Besondere Anerkennung erntet auch die Flexibilität, mit der Volvo CE die Maschinenflotte in die gewünschte Niedrigbauweise umwandelte: Die L110E wurden von 3,36 Metern Höhe in der Basisversion durch spezielle Low-Profile-Fahrerhäuser auf 3,09 Meter Höhe ?gestutzt", die Dumper sogar auf nur 3,05 Meter Höhe. ?Das findet man nun wirklich nicht überall. Nach unseren Informationen bietet kein anderer Hersteller Radlader in Niedrigbauweise mit geschlossener Kabine an," ist Dr. Tegtmeier voll des Lobes. In diesem Zusammenhang lassen sich sogar einige Begriffe neu definieren: Wer bei diesen Radladern und Dumpern von Baumaschinen spricht, trifft nicht ganz den Kern. Diese rund um die Uhr eingesetzten, modifizierten Spezialisten sind eigentlich keine Baumaschinen mehr. Sie dürfen deshalb getrost als Hochleistungs-Untertage-Baumaschinen bezeichnet werden.

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Die L110E wurden von 3,36 Metern Höhe in der Basisversion durch spezielle Low-Profile-
Fahrerhäuser auf 3,09 Meter Höhe ?gestutzt"


Walter Michels, Volvo CE Europe GmbH, traf sich am 17. Juli 2006 erstmals zu einem Gespräch mit Dr. Jan Tegtmeier von der K+S KALI GmbH. Kurze Zeit später machte er sich mit Erich Kribs, Volvo CE Europe GmbH, und Dirk Rinne (Gebietsverkaufsleiter Nord Baumaschinen Könicke) im Werk Sigmundshall unter Tage ein genaues Bild von den örtlichen Gegebenheiten. Es galt, die Durchfahrtshöhe und -breite exakt zu ermitteln sowie die gesamte Streckenführung und die extremen Temperaturen tief im Inneren der Erde für die Projektplanung zu berücksichtigen. Ist die Fahrerkabine eines herkömmlichen Volvo-Dumpers des Typs A25D niedrig genug? Hält die gesamte Elektronik dem aggressiven Umfeld unter Tage stand? Ist es überhaupt technisch möglich, mit der Standardausrüstung von Volvo zurande zu kommen? Das waren nur einige der vielen Fragen, die zu beantworten waren. Erich Kribs fertigte eine Zeichnung an, um die exakten Platzverhältnisse zu ermitteln. Walter Michels reiste zusammen mit Hanno Schöne (Könicke) und Schweißer Clas Schwarze (Könicke) ins schwedische Volvo-Werk in Braas, um die Zerlegung der durch eine erhöhte und verlängerte Mulde (15,5 m³) leicht modifizierten Dumper in ihre Einzelteile zu überwachen und deren anschließenden Transport nach Deutschland zu Baumaschinen Könicke zu veranlassen.

Die vier A25D-Knicklenker, bei denen die Höchstgeschwindigkeit auf die unter Tage vorgeschriebenen 35 km/h gedrosselt wurde, verfügen allesamt über eine spezielle Goodyear-Bereifung (GP-4B). Auch die Motoren der Dumper und Radlader ließ sich Erich Kribs eigens zertifizieren. Die beiden A25D, die an der Teilschnittmaschine (WAV) zum Einsatz kommen, verfügen über eine Wendeeinrichtung. Die anderen beiden, die in der Wendel unterwegs sind, benötigen diese hingegen nicht.

(Fotos: Volvo)

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