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Geschrieben
Hallo,

interessant beim Deggendorfer Neubaukessel ist der recht große Stehbolzen-Abstand.
Wurden bei dem Kessel trotzdem die üblichen Werte bezüglich zulässiger beschädigter/vernagelter Stehbolzen erlaubt oder hat man da, um Stehbolzen zu sparen, mit einer geringeren Zulässigkeit von defekten Stehbolzen gerechnet?

Gruß
Carsten

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Geschrieben (bearbeitet)
Zum Stand der beiden Kessel:

beim Henschel-Kessel wurden mittlerweile Schweißproben durchgeführt um die Schweißbarkeit des Altstahls zu beurteilen. Das Ergebnis steht noch aus.

Beim Deggendorfer Kessel habe ich mittlerweile die Nachrechnung durchgeführt. Das Ergebnis ist sehr interessant: Ich habe den Kessel zum einen nach der TRD, zum Vergleich mit einem Stabwerksprogramm gerechnet, bei welchem ich jeweils einen Schnitt senkrecht und waagerecht durch Stehkessel und Feuerbüchse gelegt hatte. Während die TRD lokale Bauteile betrachtet, habe ich mit dem Stabwerksprogramm einen globalen Überblick über den Kraftfluß in der Schnittebene erhalten.Während die Konstruktion der Berechnung nach TRD stand hält, zeigt die Rechnung mit einem Stabwerksprogramm (Schnittgrößen-Verfahren) erhebliche Schwachstellen. Das Stabwerksprogramm bringt aber aufgrund der Vereinfachung nur qualitative Aussagen.
Die Berechnung nach TRD erklärt auch den großen Stehbolzen-Abstand, welcher wohl für einen stationären Kessel durchaus machbar ist, da sind die Stehbolzendurchmesser eben erhöht worden und die Blechdicke anteilig auch. Da ein stationärer Kessel wenigen dynamischen Einflüssen unterliegt funktioniert das auch. Für einen mobilen Kessel, vor allen Dingen unter Eisenbahnbetrieb, werden geringere Stehbolzenabstände gewählt mit kleineren Bolzendurchmessern, welchen den Kessel dann elastischer und damit weniger schwingungsanfällig machen. Das wurde wohl auch in den Regelwerken der Bahn als Erfahrugnswerte oder Überlieferungen niedergeschrieben.
Das Ganze hat wohl auch zu den Problemen mit dem Kessel geführt.
Nun werden meine Berechnungen gerade von einem Kesselsachverständigen geprüft und dann werden wir sehen, ob der Instandsetzungsvorschlag umzusetzen ist.
Ich halte Euch auf dem Laufenden.

Bei Interesse kann ich versuchen die Ergebnisse des Stabwerksprogramms als Bild hier einzustellen.

Mit vier Wochen Urlaub ist leider nichts - ganz im Gegenteil sad.gif bearbeitet von Stefan
Geschrieben

Bei Interesse kann ich versuchen die Ergebnisse des Stabwerksprogramms als Bild hier einzustellen.

Natürlich besteht da Interesse!


Mit vier Wochen Urlaub ist leider nichts - ganz im Gegenteil sad.gif

Auch so ein armer Leidensgenosse der in der Arbeit untergeht...
Ist ja auf der einen Seite besser als zu wenig, aber auf Dauer sind reichlich Überstunden und kaum Urlaub nix...

Gruß
Carsten
Geschrieben
Urlaub? Das Wort hab Ich schon einmal gehört..... eusa_think.gif

Aber toller Bericht.

Wie fließt eigentlich die unterschiedliche Wärmebelastung des Kessels in die Berechnungen ein?

Schließlich ist es an der Feuerbüchse doch wesentlich heißer als am Dampfdom, oder?
Geschrieben
Richtig erkannt.
Die Feuerbüchse wird durch die direkte Strahlungshitze des Feuers sehr deutlich heißer als die äußere Kesselhüllle (Stehkessel und Langkessel), da letztere ja maximal die Temperatur des Wassers (bei großen Loks im Regelfall 16 bar = 203°C, bei kleinen Loks weniger) erreichen kann.
In Folge dessen will sich die Feuerbüchse stärker ausdehnen als der Stehkessel, mit dem sie aber über den Bodenring und den Feuerlochring fest vernietet oder verschweißt ist. Außerdem sind die ebenen Feuerbüchs- und Stehkesselwandungen durch Stehbolzen miteinander verbunden (damit sie nicht ausbauchen).
Die Stehbolzen werden also nicht nur (durch den Kesseldruck) auf Zug belastet sondern vor allem auch (durch die unterschiedliche Ausdehnung der Bauteile) auf Biegung.
Deshalb kann es im Betrieb immer mal vorkommen das Stehbolzen brechen, im Regelfall durch Spannungsrisskorrosion direkt hinter der Feuerbüchswandung. Zur Überwachung sind sie deshalb an den Enden mit einer Kontrollbohrung versehen durch die bei gebrochenem Bolzen Wasser austritt.
Damit in dem Fall ein Kessel nicht sofort kalt gemacht werden muß ist ein gewisser Anteil gebrochener Stehbolzen konstruktiv berücksichtigt.
So durften z.B. bei der DR in der DDR nicht mehr als 2 benachbarte Stehbolzen vernagelt (=gebrochen) sein, insgesamt nicht mehr als 1,25% der Stehbolzen in einer Wand.

Deshalb waren mir auch bei den Bildern vom Deggendorfer Neubaukessel gleich die wenigen dicken Stehbolzen ins Auge gefallen. Wegen ihrer Dicke sind sie weniger elastisch (=größere Biegespannungen) und wenn einer gebrochen ist der Abstand der verbliebenen tragenden Stehbolzen noch größer als "normal".

Bei der Bundesbahn hat man in späteren Jahren sehr gute Erfahrungen mit Stehbolzen Bauart Henschel gemacht, diese waren an den Enden relativ dick und in der Mitte tailliert, dadurch in den gefährdeten Bereichen verstärkt und dazwischen elastischer. Es gibt Museumsloks die bis heute in Betrieb sind und bei denen bis heute noch fast 100% der alten Stehbolzen aus DB-Zeiten überlebt haben.
Nachteil gegenüber normalen stehbolzen aus gezogenem Rundmaterial ist für die Werkstätten allerdings das man die Henschel-Stehbolzen natürlich nicht einfach auf Länge abschneiden kann.

Gruß
Carsten

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