Form 8A 246 Geschrieben 13. Juli 2007 Geschrieben 13. Juli 2007 Jetzt haben sie wieder Hochsaison: Handwerker, die von Haustüre zu Haustüre ziehen und Hausbesitzern ihre Dienstleistungen anbieten. Insbesondere Dacheindeckungen und Fassadenanstriche werden auf diesem Weg vertrieben.-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Habt Ihr schon einmal eine solche Handwerksleistung an der Haustüre eingekauft und wie waren Eure Erfahrungen damit ? Würdet Ihr überhaupt Dacheindeckungen und Fassadenanstriche auf diesem Weg beauftragen oder den Auftrag lieber dem ortsansässigen Handwerker erteilen, und warum?----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Zitieren
Form 8A 246 Geschrieben 17. September 2007 Autor Geschrieben 17. September 2007 (bearbeitet) Da hier offensichtlich niemand mit solchen Firmen Erfahrungen gesammelt hat, berichte ich nun von meinen eigenen. Zunächst als beworbener Kunde anhand zweier exemplarischer Fälle: Fall 1: Wenn's morgens an der Haustüre klingelt ist es nicht immer der Milchmann, sondern vielleicht auch ein fahrender Handwerker. Der Werber an der Türe vertritt eine Firma, deren Name wie der einer Telefongesellschaft klingt. Man sei gerade in der Nähe bei Doktor Z., nur wo das ist kann er mir nicht sagen. Allerdings hat er Recht, die Fassade gehört gestrichen. Die Nord-West-Ausrichtung der Giebelwand und naher Baumbewuchs taten ihr Werk. Wir sehen uns die Fassade genauer an und je mehr meine Fragen ins Detail gehen desto stiller wird der Mann. Den beruflichen Hintergrund verschweige ich. Schließlich taucht einer im verspritzten Kittel auf und stellt sich als Malermeister X. vor. Das Angebot ist schnell formuliert, ohne Aufmass und all inklusive. Das Dach sei auch defekt und müsse gemacht werden. Zufälligerweise sei man auch gleichzeitig ein Dachdeckerbetrieb. Allmählich wird mir das zu bunt. Das Angebot für die Malerarbeiten möchte ich aber in schriftlicher Form. Ein paar Tage später ziehe ich tatsächlich ein Angebot dieser Firma aus dem Briefkasten. Zwar ist die Leistungsbeschreibung relativ ausführlich, aber diverse Arbeitsabläufe sind falsch. Materialangaben fehlen, dafür werden Arbeiten aufgeführt die bei mir nicht erforderlich sind. Angegeben wird nur der Endpreis, der etwa um den Faktor 1,5 über den ortsüblichen Preisen für vergleichbare Tätigkeiten liegt. Fall 2:Ein saukalter Februarmorgen an dem man besser zu Hause bleibt, aber ich habe Außentermine und muss raus. Draußen spricht mich einer an, die Fassade gehöre gestrichen und man sei gerade in der Gegend. Stimmt – mir fallen in der Ferne ein paar bedauernswerte Typen auf Gerüstfragmenten auf, die bei leichtem Schneefall versuchen ihre Beschichtungsmaterialien an die Wand zu bekommen. Warum ausgerechnet jetzt Häuser gestrichen werden – schließlich soll bei der Verarbeitung von Dispersionsfarben die Luft- und Bauteiltemperatur + 5° C nicht unterschreiten – wird mit Frostschutz in der Farbe erklärt. Prima, dann kann man mir zum schriftlichen Angebot auch gleich ein Datenblatt des Frostschutzes beifügen. Von dieser Firma habe ich nie wieder etwas gehört. Resümee: Die Angebote dieser Firmen waren ausnahmslos überteuert, die Leistungsbeschreibung größtenteils so abgefasst, dass für individuelle Interpretationen des fliegenden Handwerkers jede Menge Spielraum blieb. Auf konkrete Nachfragen bzgl. der verwendeten Materialien oder zur Ausführung gab es nur ausweichende oder gar keine Antwort. Der Reisegewerbeschein wurde und konnte mir – auch auf Nachfrage - nie vorgezeigt werden. Die Qualität der Ausführung, die ich mir dann bei anderen angesehen habe, war teilweise erbärmlich. Aus der beruflichen Praxis auch zwei exemplarische Fälle: Fall1:Anruf eines Herrn, dessen über achtzigjährige Mutter gerade verstorben war. Man habe festgestellt, dass sie kurz vor Ihrem Tod noch Fliesenlegerarbeiten an ihrer Terrasse und weitere kleinere Bauarbeiten in Auftrag gegeben habe. Ein „Berater" habe Kontakt mit der alten Dame aufgenommen und beim Ortstermin erklärt, es sei alles kaputt und müsse gemacht werden. Die alte Frau hatte den Auftrag unterschrieben. Die Rechnung sei auch schon da, obwohl die Arbeiten noch nicht beendet waren. Zum vereinbarten Besichtigungstermin erwartete mich eine halbfertige Bauleistung. Nachdem ich mir die Unterlagen und Leistung angesehen habe, hat unser Büro das Gutachten übernommen und eine Abnahme nach Fertigstellung durchgeführt. Ergebnis: 2 DIN A 4 Seiten Mängelprotokoll und eine Handwerkerrechnung die um den Faktor 4 zu hoch war und dann entsprechend gekürzt wurde. Die Ersparnis der Erben lag in Höhe eines fünfstelligen Eurobetrages. Fall 2: Unser Büro wurde von einem älteren Herrn eingeschaltet. Ihm waren nach der Unterschrift unter einen Auftrag zur Sanierung seiner Gartenmauer nach dem unangemeldeten Besuch eines Werbers Bedenken gekommen. Nach kurzer Durchsicht der Unterlagen stellten wir fest, dass der Einheitspreis nur für das Aufbringen eines einfachen Buntsteinputzes bei über 100.- € / m² lag. Zur Ausführung der Mauerkrone gab es keine Angaben, obwohl deren Ausbildung ursächlich für die Schäden an der Mauer war. Aufgrund unserer Intervention hat der Bauherr dann den Auftrag fristgerecht widerrufen. Die Sanierung der Mauer erfolgte durch unsere Handwerker. Die Ausbildung der Mauerkrone wurde nun fachgerecht ausgeführt. Ergebnis: die Forderung des Klingelhandwerkers lag um den Faktor 2 über den ortsüblichen Preisen für vergleichbare Arbeiten. Resümee: Vorsicht vor Haustürgeschäften! Nie zu einer Unterschrift unter einen Auftrag drängen lassen, sondern immer von ortsansässigen Handwerkern Vergleichsangebote einholen. Das Thema der Gewährleistung kann bei solchen Haustürfirmen eine ganz besondere Dimension bekommen, nämlich wenn der Vertragspartner von heute auf morgen nicht mehr existiert, aber unter neuem Namen weitermacht. bearbeitet 17. September 2007 von Form 8A Zitieren
Form 8A 246 Geschrieben 17. September 2007 Autor Geschrieben 17. September 2007 Hier noch ein paar exemplarische Fotos:Unsauber ausgeführter Anstrich an einer Leibung (der Maler sagt unsauber beschnitten) mit aufgerissenem Anstrich auf einer noch zu jungen Acrylverfugung. Aufgerissener Dispersionsfarbanstrich auf einer noch zu jungen Acrylverfugung. (Trockenzeiten nicht eingehalten.) Unsachgemäß ausgeführter Anschluß einer Garage an ein Wohnhaus. Die Ausführung erfolgte mit Bauacryl und Kunstharzputz, der nach einem Winter wieder aus der Fuge fiel. Der Bauherr - damals schon über 80 Jahre alt - verzichtete auf sein Recht auf Mängelbehebung. Unsachgemäße Untergrundegalisierung mit Bauacryl und Trockenzeit nicht eingehalten. Deshalb ist der Anstrich aufgerissen. Zitieren
Form 8A 246 Geschrieben 17. September 2007 Autor Geschrieben 17. September 2007 Hier noch ein paar Fotos zum thema Arbeitssicherheit.Aufgeblähte Segel mit Blick ins Grüne: Nicht zu sehen ist die Befestigung des Gerüstes an der Fassade. Diese erfolgte nämlich nicht mit Gerüstankern, sondern mit 2 Schnüren, die an der Balkonbrüstung festgebunden wurden. Wie gut, dass es damals relativ windstill war....Die fehlenden Gerüstteile an der Giebelseite wurden durch den Leichtsinn der Beschäftigten ersetzt. Zitieren
Form 8A 246 Geschrieben 17. September 2007 Autor Geschrieben 17. September 2007 (bearbeitet) Noch etwas zum Thema Gerüst. Gut zu erkennen: Gerüstfangnetze und die giebelseitige Einrüstung fehlen gänzlich. Nicht zu erkennen: Die alte Eindeckung wird von oben einach auf den LKW geworfen. Von dort fliegen die Brocken in die Gegend... Der fehlende Leiteraufstieg... ...ermöglicht den Beschäftigten... ...Dehn- und Streckübungen in frischer Morgenluft. Gratulation! Fast geschafft und bis jetzt ohne Absturz. Übrigens: Auf diesen Fotos gut zu erkennen ist die fehlende Abklebung der Stöße der Unterspannbahn. Wenn's bisher geklappt hat, dann sind die letzten cm auch noch zu schaffen... Jetzt noch eine kleine Verbeugung und dann war's das. Hoffentlich ist die Dachrinne schon fest... bearbeitet 17. September 2007 von Form 8A Zitieren
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