Bauforum24 1.300 Geschrieben 6. März 2007 Geschrieben 6. März 2007 Sprengungen sind die beste Möglichkeit, Bauwerke in kürzester Zeit kontrolliert zum Einsturz zu bringen. Die Belästigung der Anwohner sowie die Störung des Geschäftsbetriebs durch Lärm, Erschütterungen und Staub verfliegen in wenigen Sekunden und reduzieren sich auf ein zeitliches Minimum. Um Platz für Neues zu schaffen, hat sich aus wirtschaftlichen und technischen Gründen der Sprengabbruch neben dem Abbruch mit Maschinen und dem Rückbau durch Demontage durchgesetzt. Doch Sprengungen sind komplizierte Vorgänge mit einem gewissen Gefahrpotenzial, besonders bei Bauwerken mit komplexen und teilweise im Detail nicht hinreichend bekanntem Aufbau. Mit dem Ziel, die gefahrlose Destruktion von Gebäuden wissenschaftlich zu untersuchen, schlossen sich vor drei Jahren Ingenieure der Technischen Universität Dresden, der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Karlsruhe (TH) zur Forschergruppe 500 zusammen. Im Januar 2007 bewilligte ihnen die Deutsche Forschungsgemeinschaft nun die dritte Förderphase, in die das Projekt Ende Februar 2007 startet. Mit der von der Forschergruppe entwickelten Simulationssoftware sollen in der dritten Forschungsphase zunehmend komplexere Sprengungen nachgebildet werden. Auf dem Screenshot wurde die Sprengfaltung des Sparkassenhochhauses ?Langer Oskar" in Hagen simuliert.?Der Fokus unserer Arbeit liegt auf großen Bauwerken mit einer besonders komplexen Tragstruktur", erklärt Professor Dr.-Ing. Dietrich Hartmann von der Ruhr-Universität Bochum und Sprecher der Forschergruppe. ?Zur Vermeidung unvorhersehbarer Einstürze simulieren wir am Computer Sprengabbrüche. Dadurch erhalten wir realitätsnahe Prognosen, wie solche komplexen Bauwerke kollabieren könnten." Unterstützung erhalten die Wissenschaftler vom Fachausschuss Sprengtechnik des Deutschen Abbruchverbandes (DA). ?Wir lassen unsere praktischen Erfahrungen in die Forschung einfließen und erhoffen uns umgekehrt modernste wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis", erklärt Martin Hopfe, Vorsitzender des Sprengausschusses im DA.Das Projekt ?Computergestützte Destruktion komplexer Tragwerke durch Sprengung" wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Bonn, gefördert. ?Die Unterstützung der DFG, der höchsten Spielklasse der deutschen Forschungsförderung, ist ein großer Erfolg für uns und eine Anerkennung unserer Arbeit", sagt Prof. Hartmann. Die Ergebnisse der ersten Förderphase zur Grundlagenforschung führten dazu, dass uns auch die zweite Förderphase zur Weiterarbeit bewilligt wurde. ?Hier überprüften wir unsere Modelle, indem wir Sprengungen bereits niedergebrachter Gebäude, wie dem Langen Oskar in Hagen, am Computer simulierten", so der Experte.Auf der Basis dieser Simulationen entstand der Prototyp einer Software, mit der Sprengungen realer Objekte auf dem Computer nachgebildet werden können. Der Sprengmeister ist somit in der Lage, verschiedene Sprengstrategien gezielt am realen Gebäude zu testen. Er sieht genau, wie verschiedene Teile des Gebäudes bei einer Sprengung versagen und wie sich die Last des Bauwerks immer wieder neu verlagert und letztendlich zu einem sukzessiven Kollaps des Bauwerks führt. Aus diesen Erkenntnissen über das Einsturzverhalten kann der Sprengmeister den idealen Sprengvorgang für die Praxis ableiten. ?Das Besondere an dieser Software ist, dass sogenannte Unschärfen berücksichtigt werden. Diese werden z. B. durch Materialveränderungen, die aufgrund der Alterung eines Bauwerkes eintreten, hervorgerufen", erklärt Prof. Hartmann weiter. Während der nächsten zwei Jahre werden die Wissenschaftler weiter an Modellen arbeiten, die zunehmend komplexere Abbruchsprengungen simulieren können. Am Ende wird ein theoretisch fundiertes, an den Belangen der Sprengpraxis orientiertes Softwaresystem zur Planung und Durchführung komplexer Bauwerkssprengungen vorliegen. Die bisherigen Ergebnisse waren für die DFG so überzeugend, dass sie sogar die Durchführung eines Transferprojektes in Aussicht stellt. ?Das ist ein weiterer großer Erfolg für uns, denn dadurch können wir gemeinsam mit Pilotunternehmen das entwickelte Softwaresystem bis zur Anwendungsreife weiterentwickeln", sagt Prof. Hartmann abschließend. ?Wir als Branche werden auch weiterhin dieses Projekt unterstützen. Denn Unternehmen, die später mit solcher Software arbeiten, können für sichere Sprengungen garantieren und sind damit bestens für einen starken Wettbewerb auf dem Markt gerüstet", sagt Martin Hopfe abschließend. Die Grafik zeigt die Fallrichtungssprengung des Lagerhauses der ehemaligen Lederfabrik Lohmühle in Weida, Thüringen, auf Originalaufnahmen und als Computersimulation.(Fotos: Forschergruppe 500 & DA) Zitieren
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